Siehe die Website von Urban Gr. Kniegnitz im Internet
Aus der Geschichte unseres Dorfes von Ernst Zöfelt (verst.) Kantor und Hauptlehrer in Großkniegnitz:
Näherten wir uns von Heidersdorf-Senitz her auf der Kunststrasse unserem Heimatdorfe, so bekamen wir in der Höhe der früheren "Fichtner"-Mühle (spätere Besitzer Bruschke und Salomon) freien Blick über das zu unseren Füßen liegende langgestreckte Großkniegnitz, das sich vom Westen nach Osten hinzieht. In seiner Mitte ragt die Kirche mit ihrem wuchtigen Zwiebelturm über die schmucken Häuser und Obstgärten hinaus. Im Laufe der Jahrhunderte hatte sich das Bild des Ortes gewaltig verändert. Stattliche Steinhäuser waren an die Stelle der ursprünglich einfachen Bauten getreten. Rote Ziegeldächer leuchteten über den weißen Häuserreihen, und die ursprünglichen Schaubendächer, die früher so oft Feuersbrünste begünstigt hatten, waren nicht mehr zu finden… Für die herbeigerufenen, siedlungswilligen Bauern aus dem Westen unseres Vaterlandes wurde die Dorfanlage als "Straßenangerdorf" gestaltet, d.h. die Dorfstraße teilte sich, und zwischen den Reihen der Bauernhöfe hüben wie drüben blieb ein langgestreckter, ovaler, freier Platz: der Dorfanger. Von diesem Anger war zu unserer Zeit kaum noch etwas zu erkennen. Er war im Laufe der Entwicklung - besonders in den Jahren von 1690 bis 1740 - mehr und mehr bebaut worden: Handwerker errichteten ihre Werkstätten. Häusler fanden hier ihren Baugrund, die "Baderei" (gegenüber der "Alten Schule") wurde eingerichtet, in der Nähe der Kirche entstand später die Schule, und andere Stücke des Angers kamen als Gärten zu einigen Gutshöfen. Auch der "Alte Friedhof" war ein Teil des Angers, und selbst ein neuer Hof, das "Lehnsgut", wurde auf ihm angelegt. Ihm schloss sich der Gerichtskretscham an. Zur Hauptverkehrsstrasse hin entwickelte sich der nördliche
Teil des geteilten Dorfweges, an dem, durch kleine Vorgärten getrennt, noch heute die Bauernhöfe dicht an der Strasse liegen. Der südlich gelegene Weg wurde zur "Kleinen Seite", an der die übrigen Höfe und das Pfarrgrundstück zu finden waren. Der "Lokator", der die Ansiedlung der Bauern durchgeführt hatte, bekam einen größeren Teil der zur Verfügung stehenden Hufen, daneben übertrug ihm der Grundherr, in dessen Obereigentum das Dorf blieb, das Schultheiß- oder Scholzenamt. Der "Schulze" hatte für Ruhe und Ordnung zu sorgen, musste Grundzinsen und sonstige Abgaben einziehen, erhielt den dritten Heller oder Pfennig von Strafgeldern (während die zwei anderen Drittel an den Landes- oder Gutsherrn fielen) und war Vorsitzender des Dorfgerichtes. Das Gut, die "Erbscholtisei", erhielt er zu "Erb und Eigen". Mit dem Scholzenamt waren weitere Vergünstigungen verknüpft, z.B. Brau- und Kretschamrecht, Bäckerei- und Schlächtereigerechtigkeit. Die Husseiteneinfälle (1427 - 1435), die von Böhmen her erfolgten, hatten 1429 zur Eroberung des Festen Schlosses Nimptsch geführt, das die Eindringlinge bis 1435 als Zwingburg benutzten. Von hier aus drangen sie immer wieder in die umliegenden Dörfer ein, um sie zu plündern und zu brandschatzen. Das bis dahin sich aufwärts entwickelnde Bauerntum wurde schwer heimgesucht. Die Landflucht begann. Auch die Landesherren erlitten gewaltige Schäden und sahen sich oft gezwungen, aus ihrem Grundbesitze Dörfer zu veräußern oder gegen Ritterdienste zu vergeben.
So erfahren wir aus einer "Generalmusterung des Nimptscher Landes" nach den Husseitenkriegen (1470) die Namen folgender Besitzer, die Teile von Großkniegnitz innehatten:
1. Hans Borsnitz von Prauß, dem neben einem Teile von Prauß auch Gollschau und Gorkau gehörten.
2. Georg Bischofsheim, genannt Latusky, der außer reichem Besitz im Kreise Strehlen auch Kurtwitz besaß, wo er wohnte, daneben unterstanden ihm Teile von Reichau und Strachau.
3. Georg Benisch, genannt Seckil, dem Vogelgesang, Reisau und Teile von Senitz zu eigen waren (Dies war ein von Reichenbach!, Vf.)
4. Hedwig von Biedau,
5. der Abt von Grüssau.
Nach den Hussitenkriegen blieben die Zeiten auch weiterhin unruhig. Gesetzlosigkeit und Wegelagerei brachten dem Lande große Not. So manche Bauernstelle war verlassen, lag "wüste" und wurde von den Grundherren eingezogen. Die Lasten an Abgaben und Dienstleistungen wurden immer härter und die Unfreiheit der Bauern nahm mehr und mehr zu… Dazu kamen die Kriegsnöte des Dreißigjährigen Krieges, in dem Schlesien besonders 1626 - 1635 und 1639 - 1648 heimgesucht wurde. Dem "Bauernlegen", das unter der österreichischen Herrschaft immer weiter um sich gegriffen hatte, bereitete der "Alte Fritz" nach der Eroberung Schlesiens ein Ende. Auch bemühte er sich um die Behebung der Schäden, die die "Schlesischen Kriege" verursacht hatten. Jedoch ein freies und selbstbewusstes Bauerntum schufen erst die Reformen des Freiherrn von Stein. Wenn auch die Ablösung der Erbuntertänigkeit von den Bauern große Opfer forderte, so war doch nun der Weg für eine Aufwärtsentwicklung gegeben. Mit den verbesserten Verhältnissen stieg auch die Einwohnerschaft unseres Dorfes. Im Jahre 1785 zählte man 584 Einwohner, hundert Jahre später bereits 1171. Die Höchstzahl wurde im Jahre 1900 mit 1196 Einwohnern erreicht. Sie sank allmählich bis zur Volkszählung 1939 auf 1029 Einwohner. Neben Bauern und landwirtschaftlichen Arbeitern fand sich zuletzt auch eine beträchtliche Anzahl von Beschäftigten (rd. 1/5tel der Dorfbewohner), die in der Zuckerfabrik Kurtwitz oder in den Steinbrüchen von Schmitzdorf oder Gorkau ihr Brot verdienten. Zur Befriedigung der Bedürfnisse der Bevölkerung waren im Dorfe vorhanden:
3 Bäckereien (Dittrich, Hanke, Instinsky),
2 Fleischereien (Kirchner, Tiepold),
3 Kaufläden (Mende Richard, Mende Theodor, Schmidt),
2 Schmiedebetriebe (Anwalt, Lache),
eine Stellmacherei (Gerstel), 2 Tischlereien (Bittner, Hermann),
3 Schuhmachereien (Geisler, Ulrich, Wilhelm sen., Lüthi),
ein Elektrobetrieb (Nulle), eine Autowerkstatt und -verleih (Geisler).
Der "Gerichtskretscham" (Böhm) und
die Gasthäuser von Mende, Göring und Karl Wilhelm waren die Gaststätten des Dorfes.
Das Ende des 2. Weltkrieges brachte die Vertreibung aus unserer Heimat und nahm damit alles, was in Jahrzehnten erarbeitet oder gar seit Generationen erworben und gemehrt worden war. Nur die Erinnerung blieb. Sie kann uns niemand rauben.
********** Diesen Artikel schrieb Herr Ernst Zöfelt, Hauptlehrer und Kantor in Großkniegnitz, im Jahre 1961/1962. Er wurde veröffentlicht im Gemeindebrief des Herrn Pastor Klose aus Februar 1962. Herr Zöfelt verstarb im Jahre 1964.
QU: Urban, Internet.
Die folgende Zusammenfassung der Gr. Kniegnitzer Geschichte bezieht sich auf die Zeit, nachdem Alexander Hoffmann das Freigut an Rhode verkauft hatte.
"Grosskniegnitz im Nimptscher Land" von Ernst Ponert (verst.) (Qu. Urban – Internet)
Bis zum Jahre 1932 gehörte Großkniegnitz zum Kreis Nimptsch in
Schlesien. Nach der Auflösung dieses Landkreises wurde das Dorf dem
Kreise Reichenbach/Eulengebirge zugeteilt. Es war ein Dorf mit ca. 1.030
Einwohnern, aufgeteilt in ca. 125 Wohngrundstücke.
Der überwiegende Teil der Bevölkerung war evangelischen Glaubens. Nach "Süden" begann das Vorgebirge zu den Glatzer Bergen und zu den Sudeten,die Eichberge.
Nach "Norden" erstreckte sich die überaus fruchtbare
"Mittelschlesische Acker- u. Tiefebene", bis hin an die Oder.
Deshalb bestand das Dorf vorwiegend aus ca. 40 landwirtschaftlichen Betrieben. Es war ein typisches "Anger- oder Reihendorf", einst von deutschen Siedlern nach fränkischer Art angelegt. Längs der Dorfstraße links und rechts lagen die prächtigen Bauernhöfe.
Zu jedem Bauernhof gehörte ein großer Obst- u. Gemüsegarten. Von jedem Bauernhof aus führten die Feldwege in südlicher oder in nördlicher Richtung hinaus in die Felder. Diese Feldwege gehörten zu dem jeweiligen Bauernhof.
Der ursprünglich einmal vorhandene "Anger" wurde im Laufe der Jahre mit Bürgerhäusern bebaut.
Reste einer einmal früher bestehenden Mauer, die um das gesamte Dorf ging, waren teilweise noch vorhanden.
Bei der Bearbeitung der Felder ca.1 km südlich des Dorfes, die ab des Feldweges Richtung Silbitz bzw. ab des Fußballplatzes in östlicher Richtung verliefen, fand man Tongefäße,größere und kleinere gebrannte Tonscherben, sowie Steinäxte und von
Menschen bearbeitete, rundliche Steine, die einmal den Menschen zum Zerreiben oder zum Zermahlen von Getreide dienten. Außerdem sind noch einige Pfeilspitzen, Gürtelschnallen und Broschen aus Bronze gefunden worden.
Die größeren, wertvolleren Gegenstände sind an das Heimatmuseum in Nimptsch abgeliefert worden, während einige kleinere Scherben und Gegenstände in einem Schulklassenzimmer, in einem Schrank hinter Glas, aufbewahrt wurden.
Alle diese Funde aus der Stein- und Bronzezeit lassen darauf schließen,
dass in dieser Gegend einmal eine germanische Siedlung bestand.
Wahrscheinlich ist sie während der Zeit der Völkerwanderung, oder auch aus anderen Gründen, verlassen und aufgegeben worden.
Der größte landwirtschaftliche Betrieb des Dorfes bewirtschaftete eine Fläche Land von ca. 2.344 preußischen Morgen (A.K.Rohde) Dieser Betrieb bestand aus einem größeren Stamm-Gutshof und aus mehreren Zweighöfen,die früher einmal selbständigen Bauern gehörten und die aber immer noch die Namensbezeichnung der ehemaligen Besitzer trugen.
Die Erbscholtisei, der zunächst größere Bauernhof, hatte 320 pr. Morgen Land (zunächst Schyma, danach Neumann). Zwei weitere Bauern besaßen 256 pr. Morgen (Dehmelt-Grötzky) und Walter Adolf mit 218 pr. Morgen Land.
Einige kleinere Bauern waren sog. Nebenerwerbslandwirte. Das heißt, sie übten neben der Landwirtschaft noch einen anderen Beruf aus oder umgekehrt.
In der Mitte des Dorfes stand eine Kirche mit zwei Glocken. Hier übten von 1924 - 1934 der Herr Superintendent Petran und bis zur Vertreibung der ev. Pfarrer, Herr Pastor Klose, die Seelsorge aus. Ein alter und neuer Friedhof waren vorhanden.
Im Dorf gab es ebenfalls eine neue und eine alte Schule. Hier lehrten:
Herr Zöfelt als Hauptlehrer und die Lehrer Herr Radewahn und Herr Knobloch.
Bürgermeister bis zur Vertreibung war Herr Walter Adolph. Das
Gemeindeamt wurde früher von Herrn Kindler und zuletzt von Herrn Kurt Scholz verwaltet. Standesbeamter war der Kaufmann Schmidt. Bis ca. 1928 sorgte auch ein Gendarm (Migura) für Ruhe und Ordnung. Die Arrestzelle war im Feuerspritzenhaus. Gleich nebenan wohnte der Gemeindediener undFriedhofswärter.
Früher war dies Herr Pape, und bis zur Vertreibung Herr
Pauli.
Es waren noch 4 Feuerlöschteiche vorhanden. Davon diente einer
als Pferdeschwemme, weil mitten in ihm und an einer Seite je eine Quelle einmündete (der Mälzteich).
Es gab noch keine zentrale Trinkwasserversorgung, sondern mit Handpumpen
wurde das Grundwasser gehoben und genutzt. Die Abwässer versickerten zum Teil in oberirdischen offenen Gräben, oder starke Regenfälle wurden in
die vorhandenen Teiche geleitet. Das "Häuschen mit Herz" stand außerhalb der Wohngebäude. Elektrischen Strom gab es seit ca. 1937/38.
Ein Wahrzeichen des Dorfes waren die beiden Windmühlen (Bruschke und Kleinert).
In vier Gasthäusern konnte man einkehren: Göring, Blaukegel =
Wilhelm-Karl, Böhm-Gustav und Mende-Theodor. Bei Göring, Wilhelm und Böhm waren je ein Tanzsaal vorhanden, im Saal von Böhm stand eine Bühne für Laientheateraufführungen. Im Gasthaus Böhm war auch die Poststelle von Großkniegnitz. Bei Theodor Mende stand eine SHELL-Tankstelle.
Es gab außerdem zwei Brennereien, in denen vorwiegend Kartoffeln in Alkohol umgewandelt wurden. Eine davon stand bei Rhode im Hof des Dominiums und die andere stand bei Theodor Mende.
Der Wald in den Eichbergen wurde von Großkniegnitzer Förstern betreut.
Diese hießen: früher Sydschlag, danach lange Zeit Gellrich, zuletzt Goldmann.
In drei Lebensmittelgeschäften konnte man einkaufen. Beim Mende-Richard, beim Mende-Theodor und beim Schmidt Kaufmann.
An handwerklichen Betrieben waren vorhanden:
Zwei Fleischereien (Tiepoldt und Kirchner), viele Hausschlachtungen wurden vom Spielmann-Max und vom Haase-Alfred ausgeführt.
Obwohl viele ihr Brot selbst gebacken haben, existierten zwei Bäckereien(Instinsky und Hanke).
Das Dominium hatte ein eigenes Backhaus mit einem Bäckermeister (Spielmann). Zwei Stellmacher gab es auch. Davon hatte Herr Gerstel einen eigenen Betrieb. Beim Dominium waren Herr Stieglitz und Reimann-Meister tätig.
Zwei Dorfschmiede (Anlauf und Lache), zwei Tischlereien (Bittner- u. Herrmann-Tischler), ein Elektrogeschäft (Nulle), einen Friseur
(Tiffert), zwei Schuhmacher (Geisler und Ulrich), eine Gärtnerei
(Kunze), eine Sattlerei (Wende) sowie ein Fahrradgeschäft mit Reparatur und Mietautobetrieb (Geisler-Paul) gab es ebenfalls.
Für gute Kleidung sorgte ein Herrenschneider und eine Damenschneiderin(Lukas-Schneider und Frl. Selma Wende).
Der Herr Pietsch kaufte früher von den Bauern die Butter und Eier, um sie in der Großstadt wieder zu verkaufen. Nachdem die Milch aber in die Molkereien abgeliefert werden musste, sammelte er mit einem Lastauto die vollen Milchkannen ein und brachte sie in eine Molkerei.
Der Bittner-Paul flocht aus Weidenruten die begehrten Körbe zum
Kartoffeln-Klauben. Der Herr Urner stellte im Winterhalbjahr Bürsten jeder Art her und verkaufte sie im Sommerhalbjahr, mit einem von Hunden gezogenen Handwagen, in den Dörfern der Umgebung.
Wer nicht Landwirt, Gewerbetreibender oder Handwerker war, verdiente seinen Lebensunterhalt vorwiegend als Tagelöhner beim Dominium oder bei einem der größeren Bauernhöfe. Viele arbeiteten in Kurtwitz, in der Zuckerfabrik, oder sie liefen täglich nach Silbitz oder nach Schmitzdorf, um in den dortigen Basaltsteinbrüchen ihr Geld zu verdienen.
Einen Bahnhof gab es auch in Großkniegnitz. Von hier aus verkehrte zweimal täglich ein Zug in Richtung Kurtwitz oder in Richtung Silbitz, Schmittsdorf und Lauenbrunn.
An Vereinen gab es im Dorf: Eine freiwillige Feuerwehr, einen
Sportverein, einen Frauenbund, einen Kirchenchor und einen Kameradenverein.
Im gesamten Dorf waren drei katholische Familien vorhanden. Sie gingen nach Prauß zum Gottesdienst, und deren Kinder mussten ebenfalls in Prauß in die Schule gehen.
Bei drei Familien war ein Elternteil polnischer Herkunft. Ein Mann von ihnen war beim Dominium als Gutsverwalter tätig. Er musste sich überwiegend um die polnischen Gastarbeiter oder die oberschlesischen Landarbeiter bzw. Landarbeiterinnen kümmern, die alljährlich zur Getreide-, Zuckerrüben- oder Kartoffelernte kamen.Ein Familienoberhaupt war ein ehemaliger serbischer Kriegsgefangener, der nach dem ersten Weltkrieg nicht in seine Heimat zurückgekehrt war. Gemäß der beiden Ehrentafeln, die in der Kirche an der Wand neben dem Altar hingen, sind im ersten Weltkrieg (1914 - 1918) aus Großkniegnitz 53 männliche Dorfbewohner nicht aus dem Krieg zurückgekehrt.
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